Wer aktuell ein Elektroauto bestellt, wird dies bei vielen Herstellern in diesem Jahr kaum noch bekommen. Viele Interessenten versuchen daher, auf junge Gebrauchtwagen mit Stecker umzusteigen. Doch wie sieht die Marktlage hier aktuell überhaupt aus?
Viele kaufen am liebsten das, was sie bereits aus der Vergangenheit bestens kennen und so schielen auch viele Interessenten für einen Elektroauto direkt zu einem VW E-Golf herüber, wohl wissend, dass dieser ein Verbrennerauto ist, das auf einen Elektroantrieb umgebaut wurde. Doch Fahrwerk, Ausstattung und Design – das kennt man am besten und die 85 kW / 115 PS reichen für Cityfahrten ebenso aus, wie die elektrische Reichweite von knapp 200 Kilometern. Ist man auf der Autobahn oder bei kühlen Temperaturen unterwegs, sind es deutlich weniger Kilometer; bei idealen Bedingungen auch einige mehr. Ein E-Golf aus dem Jahre 2017 mit 30.000 Kilometern startet derzeit bei unter 20.000 Euro. Die Ausstattung ist abgesehen von LED-Scheinwerfern, Alufelgen, animierten Instrumenten und Schnellladevorrichtung überschaubar, aber allemal praktisch. Jüngere Versionen mit 100 kW / 136 PS in dunkler Lackierung und mit mehr Komfortdetails kosten aus dem Jahre 2020 rund 25.000 Euro.
Für viele ist nicht Tesla mit seinem Model S, sondern BMW mit seinem kleinen i3 zumindest in Europa der große Elektropionier. Technologisch gesetzt der BMW i3 mit seiner Karbonkarosse und einem ganzheitlichen 360-Grad-Ansatz vor zehn Jahren Bestwerte, jedoch hakte es insbesondere bei Design und der Reichweite. Basismodelle aus 2015 mit überschaubaren 75 kW / 102 PS und dem kleinen Akkupaket starten mit Laufleistungen von deutlich unter 50.000 Kilometern bereits bei knapp 16.000 Euro. Über die geringe Reichweite hilft einem der Range Extender, ein kleiner Motorradmotor als Reichweitenverlängerer, der bei späteren Modellen gestrichen wurde. LED-Scheinwerfer, Sitzheizung und das große Navigationsgerät sollten jedoch immer gesetzt sein. Mit dem 94er-Akkupaket im Unterboden und sportlicheren 125 kW / 170 PS fährt sich der BMW i3 schon ganz anders und kann immerhin die 200-km-Reichweite bis zur nächsten Ladung packen. Gute Modelle aus 2017 / 2018 kosten rund 20.000 Euro. Der etwas flottere BMW i3S mit 135 kW / 184 PS und guter Ausstattung knackt aus dem Jahre 2018 / 2019 jedoch locker die 25.000-Euro-Marke.
Der Renault Zoe war ebenfalls einer der Elektropioniere auf dem europäischen Markt. Die frühern Modelle aus 2015 und dem schlappen 58-PS-Elektromotor kosten gerade einmal 10.000 Euro, doch Renault lässt sich bei diesen nach wie vor monatliche die Batteriemiete bezahlen. Wer sich hier herauskaufen möchte, muss rund 4.000 bis 6.000 Euro bezahlen, was den Wagen dann deutlich unattraktiver und teurer macht. Die monatliche Miete liegt je nach jährlicher Laufleistung bei 69 bis 109 Euro. So kommt es, dass neue und bis zu 68 kW / 92 PS starke Versionen der zweiten Zoe-Generation aus 2019 ebenfalls für Preis von nur knapp über 10.000 Euro zu bekommen sind. Viele Kunden schrecken jedoch davor zurück, den monatlichen Mietvertrag der Batterie übernehmen zu wollen. Technisch ist der Zoe II mit Reichweiten von rund 150 Kilometern das bessere Paket. Interessanter wird es jedoch erst ab 2019, wenn es das 41-kWh-Akkupaket gibt, mit dem rund 300 Kilometer ohne Ladestopp drin sind. Diese liegen immer noch unter 15.000 Euro, weil auch hier die Batteriemiete das Kaufinteresse deutlich herunterdrückt.
Günstig ist man ebenfalls mit dem Nissan Leaf unterwegs – eine Klasse oberhalb des Nissan Leaf und ein direkter Konkurrent des VW E-Golf. Einst war der Nissan Leaf das meistverkaufte Elektroauto der Welt, ehe es von Tesla und Co. überrollt wurde. Als günstiges Einstiegsmodell taugt der überzeugende Nissan Leaf jedoch noch immer, obwohl er aus der ersten Reihe der Elektroautos längst verschwunden ist. Ein 2015er-Modell mit solider Ausstattung und weniger als 30.000 Kilometern kostet mit seinem 80 kW / 109 PS starken Elektromotor rund 12.500 Euro. Die zweite Leaf-Generation mit mehr Reichweite, Leistung und insbesondere besserer Komfortausstattung für knapp 25.000 Euro zu bekommen.
Wer sich ein Tesla Model S gönnen möchte, muss für Image, Fahrleistungen und Reichweiten jenseits der 400 Kilometer deutlich tiefer in die Tasche greifen. Modelle mit kleinem 70-/ 75-kWh-Akku, mäßiger Ausstattung und Laufleistungen von unter 80.000 Kilometern starten bei 45.000 Euro. Die deutlich begehrteren Allradmodelle mit guter Ausstattung aus 2018 und 75er / 85er Akku liegen bei ab 50.000 Euro. Ältere Modelle locken sogar noch einen freien Supercharger-Zugang. Wer kurzfristig ein Elektroauto sucht, hat auf dem Gebrauchtwagenmarkt ein üppiges Angebot im Preisspektrum ab 10.000 Euro. Die Fahrzeuge sind sofort lieferbar und so steht dem Elektrovergnügen kaum noch etwas im Wege – wenn es nicht unbedingt ein neues Auto sein muss.
Quelle: www.stern.de