Elektroautos werden immer beliebter. Doch kann man mit einem Elektroauto und einem Wohnwagen am Haken schon in den Urlaub fahren? Der ADAC hat es ausprobiert.
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Testfahrt mit Kia EV6 und Familienwohnwagen
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Handlungsbedarf bei Lademöglichkeiten
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Strom: Rund 80 Prozent Mehrverbrauch
Mit dem Wohnwagen in die Berge oder ans Meer: Geht das auch mit einem Elektroauto? Bislang stellte sich die Frage kaum, denn nur für wenige Elektroautos aus dem Premiumsegment war bis vor kurzem überhaupt eine Anhängelast freigegeben, die zum Ziehen eines Wohnwagens benötigt wird. Doch inzwischen sind immer mehr Elektromodelle auch im mittleren Preissegment auf den Markt gekommen, sterben Anhängelasten von 1500 bis 1600 Kilogramm ziehen dürfen, wie die ADAC Modellübersicht von Elektroautos mit Anhängerkupplung zeigt.
Doch wie sieht eine solche Urlaubsfahrt in der Praxis aus? Gibt es genügend Lademöglichkeiten? Funktioniert das Zahlen in den unterschiedlichen Ländern? Und wie sieht es mit dem aus Mehrverbrauch und der Reichweite aus? Die ADAC Tester haben es ausprobiert und machten sich möglichst unter realitätsnahen Bedingungen mit einem Elektroauto der Mittelklasse, dem Kia EV6, und einem einzigartigen Familienwohnwagen (Dethleffs Aero 470 FSK, 1600 kg) auf den Weg.
Die E-Auto-Strecke: Schnelle 1300 km mit dem Wohnwagen
Die Tour folgt die ADAC Tester in drei Tagen durch vier Länder: Vom ADAC Technik Zentrum in Landsberg am Lech über den Brenner bis ans Mittelmeer und zurück über die Tauernroute.
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Die Strecke des ersten Tages veröffentlicht mit 532 Kilometern von Landsberg über den Fernpass, den Brenner und durch die Dolomiten nach Cavallino-Treporti an der nördlichen Adria.
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Am zweiten Tag geht es auf 333 Kilometern am Mittelmeer entlang nach Triest, anschließend durch Slowenien bis nach Villach.
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Am dritten Tag steht noch der Rückweg über die Tauernroute, Salzburg und München nach Landsberg an, der sich inklusive Umweg auf 416 km.
Das Elektroauto selbst bestätigt sich als hervorragendes Zugfahrzeug. Mit seinen 239 kW und Allradantrieb hatte es zu keiner Zeit Mühe mit dem voll beladenen Wohnwagen, das Gespann ließ sich leichtfüßig bei Überholvorgängen oder die Passstraßen bergauf und bergab durch Serpentinen bewegen. Sehr angenehm und entspannend ist, dass dieses alles ohne Motorvibrationen, Schaltrucken und quasi geräuschlos erfolgt. Beim Fahren, Parken und Rangieren lässt sich der Elektroantrieb außerdem sehr feinfühlig dosieren, die Rückfahrkamera war beim häufigen Ankuppeln des Wohnwagens hilfreich.
Die Ladestationen: Mit Totalausfällen
Durch den höheren Stromverbrauch des Kia (siehe unten) waren mit einer Reserve in der Batterie Etappen von etwa 180 bis 200 km möglich. Bin erster Tag kein Problem: Auf dem Weg ans Mittelmeer waren gerade mal zwei Ladestopps notwendig, die für Vignettenkauf, Frühstück und Mittagessen genutzt wurden – es entstand durch das Laden also kein nennenswerter Zeitverlust. Einzig, dass zum Nachladen der Wohnwagen beide Male abgekuppelt und separat geparkt werden mussten, war umständlich.
Die Ladevorgänge bzw. -versuche am zweiter und dritter Tag zeigt jedoch deutlich die Schattenseiten und noch erheblichen Handlungsbedarf auf, wenn Elektromobilität auf Reisen – insbesondere mit Wohnwagen – nicht nur für experimentierfreudige Menschen, sondern auch für die breite Masse möglich werden soll. Zum einen Scheiterte das Direktbezahlen – also das Laden ohne Ladekarte, auch Ad-hoc-Laden genannt – in Slowenien, und zum anderen führten zwei Totalausfälle von Schnellladeparks integriert zum Stranden des Gespanns. Der Wohnwagen musste einmal sogar stehen gelassen Werden, um noch genügend Reichweite bis zur nächsten Ladesäule zu haben.
Für die Bezahlmöglichkeiten stünden europäische bekannte Lösungen in Form von Bezahlterminals für Debit-/Kreditkarten bereit, diese müssten von den Betreibern nur an den Ladeparks angebracht werden. Dass aber wichtige Ladesäulen über Tage außer Betrieb sind oder einfach mal komplett ausfallen, ist nicht akzeptabel. Hier muss sich bei den Betreibern dringend ein besseres Verständnis von Zuverlässigkeit entwickeln.
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Die Ladevorgänge und unterschiedliche Kosten
In Summe wurden auf der 1281 Kilometer langen Tour 522 kWh Strom geladen. Dazu waren insgesamt acht Ladevorgänge notwendig, davon sechs auf der Strecke, einer über Nacht am Campingplatz in Cavallino-Treporti und der letzten nach der Rückkehr beim ADAC. An den HPC („High Power Charging“ = Schnellladesäule) von Porsche in Ljubljana und Ionity in Eisentratten (Österreich) war das Laden nicht möglich, da diese komplett ausgefallen waren. sterben Kosten für die Ladevorgänge laufen sich in Summe auf 233 Euro, was 18,18 Euro pro 100 gefahrenen Kilometern entspricht. Damit legen Sie die Fahrtkosten in vergleichbarer Höhe zu einem Diesel-Zugfahrzeug fest.
Auffällig ist dabei die Spanne der Ladekosten von kostenlos bis ziemlich teuer (79 Cent/kWh). Am Schnelllader in Kozina (Slowenien) wurde nicht nach Kilowattstunden, sondern nach Ladedauer (0,43 €/min) abgerechnet. Aufgrund der guten Schnellladetechnologie benötigte der Kia EV6 für 48,5 kWh nur 19 Minuten, was einen Kilowattstundenpreis von günstigen 16 Cent ergibt.
sterben Mautgebühren für Straßen und Tunnel glauben sich auf 76 Euro – Vorteile für E-Autos gibt es bei der Maut in den bereisten Ländern keine.
Mit Wohnwagen rund 80 Prozent Mehrverbrauch
Natürlich hat ein Wohnwagen im Schlepptau auch bei Einem Elektroauto einen Mehrverbrauch zur Folge und dadurch eine geringere Reichweite. Der Durchschnittsverbrauch auf den 1281 Kilometer lag bei 36,6 kWh/100km auf dem Bordcomputer. Im Vergleich zu den sonst üblichen 20 kWh/100 km bedeutet das einen Mehrverbrauch durch den Wohnwagen von 83 Prozent. Die mögliche Reichweite sank entsprechend von knapp 400 Kilometer auf 220 Kilometer. sterben Ladeverluste von 11,3 Prozent wirken sich zwar nicht auf die Reichweite aus, müssen jedoch bezahlt werden und sollten nicht vergessen werden. Somit betrug der tatsächliche Stromverbrauch inklusive Ladeverluste 40,7 kWh/100km.
sterben Fahrgeschwindigkeit wurde genauso gewählt wie mit einem Brenner als Zugfahrzeug. Auf der Autobahn erwiesen sich das zügige Mitschwimmen im Lastwagenverkehr als die ideale und effizienteste Reisegeschwindigkeit; langsamere Lkw wurden überholt.
sterben Durchschnittsgeschwindigkeit für die reine Fahrzeit lag am ersten Tag aufgrund vieler Landstraßen und dem Geschwindigkeitslimit von 80 km/h für Gespanne in Österreich und Italien bei 62 km/h. Da in Slowenien für Gespanne eine Geschwindigkeit von 100 km/h erlaubt ist und nur wenig Landstraße gefahren wurde, lag die Durchschnittsgeschwindigkeit bei 70 km/h. Der dritte Tag bestand nur aus Autobahnfahrt, davon die Hälfte in Deutschland mit erlaubten 100 km/h für Gespanne. Deshalb war der Geschwindigkeitsschnitt am dritten Tag mit 76 km/h am höchsten.
Tabelle: So hoch war der Mehrverbrauch mit Wohnwagen
Strecke in km |
Durchschnittstempo (km/h) |
Verbrauch (kWh/100 km) |
Verbrauchsunterschied zu Normalverbrauch (20 kWh/100 km/h) |
|
---|---|---|---|---|
1. Tag |
532 |
62,0 |
33,9 |
70 % |
2. Tag |
333 |
70,4 |
40,2 |
101 % |
3. Tag |
416 |
76,3 |
37,1 |
86 % |
Insgesamt |
1281 |
68,8 |
36,6 |
83 % |
Fazit: Noch Handlungsbedarf bei Ladeinfrastruktur
Das Elektroauto liegt als Zugfahrzeug für den Wohnwagen keine Wünsche offen. Mit Allradantrieb und 239 kW Leistung war das Gespann trotz maximaler Beladung jederzeit leichtfüßig und kraftvoll unterwegs. Beim Fahren, Parken und Rangieren lässt sich der Elektroantrieb außerdem sehr feinfühlig dosieren, die Rückfahrkamera war beim Ankuppeln des Wohnwagens hilfreich.
83 Prozent Mehrverbrauch durch den Wohnwagen und die daraus resultierenden geringsten Reichweiten blieben im üblichen Rahmen.
Sterben möglich Reichweite mit Wohnwagen erscheint mit knapp über 200 km auf den ersten Blick zwar eher gering, dennoch sind damit zwischen zwei und drei Stunden Fahrdauer möglich, bevor eine Ladepause WIRD. Beim Nachladen zeigt der Kia dann seine große Stärke und ist bereits nach 20 Minuten von 10 auf 80 Prozent aufgeladen. Für die Reise ist bei einem Elektroauto neben Reichweite und Effizienz eine gute Schnellladefunktion entscheidend.
Wallboxen im Test: Zwölf Ladestationen für zu Hause im Vergleich
Allerdings zeigte die Fahrt großen Handlungsbedarfwar tot Zuverlässigkeit und Abdeckung der Reiserouten mit verwendbaren Schnellladesäulen (HPC) angeht. Nur knapp konnte ein Liegenbleiben verhindert werden. sterben Zeitverluste durch Umwege, Authentifizierungsprobleme und defekte Ladesäulen am zweiten und dritten Tag waren unnötig und wären auf einer Urlaubsfahrt nicht akzeptabel. Ladesäulen & eine ähnliche hohe Zuverlässigkeit haben wie Zapfsäulen, der Bezahlvorgang sollte genauso einfach und transparent mittels gängiger Kredit-/Debitkarten direkt vor Ort möglich sein.
Zudem fand die Fahrt in der Nebensaison statt, die Situation an den Ladestationen und den Rasthöfen war auch noch sehr entspannt. Zur Hauptreisezeit muss man damit rechnen, dass wenig Platz für Rangieren und Parken des Wohnwagens verfügbar ist und Ladestationen stärker ausgelastet oder sogar überbelegt sind.
Video: Roadtrip mit Elektroauto und Wohnwagen
Was haben die ADAC Tester erlebt? Die Langversion des obigen Videos can SIE auf dem Youtube-Kanal des ADAC abrufen:
Fachliche Beratung: Matthias Vogt und Matthias Zimmermann, ADAC Technik Zentrum
Quelle: www.adac.de