Zugegeben, es klingt logisch. „Technologieoffenheit“ fordern Verkehrsminister Volker Wissing und Finanzminister Christian Lindner (beide FDP) nach dem Beschluss des EU-Parlaments, den Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 zu verbieten. Die Entscheidung widerspreche „dem Geist des Koalitionsvertrags“, sagte Lindner am Donnerstag. „Wir eine Zukunftsoption für klimafreundliche Flüssigkraftstoffe.“ Mit faktischem Verbot synthetischer Kraftstoffe, der sogenannten E-Fuels, in Pkws sei „eine Zustimmung Deutschlands nicht vorstellbar“, drohte Lindner. Die Bundesregierung müsste jetzt, und da ist das schöne Wort wieder, „auf Technologieoffenheit drängen“.
In der Debatte um E-Mobilität und Verkehrswende ist kaum ein Begriff so allgegenwärtig wie die „Technologieoffenheit“. Statt planwirtschaftlich einen starren Elektroauto-Pfad in die Zukunft festzulegen, sollte die EU lieber den Markt entscheiden lassen, so das Argument. Wenn die Elektromobilität so toll ist, dann wird sie sich schon durchsetzen gegen Verbrennungsmotor, Wasserstoff und Plugin-Hybride. Wovor hat die EU auch Angst?
Kein Brenner-Verbot? Dann aber auch keine Subvention
Das Problem ist, dass ein echtes, technologieoffenes Rennen um die beste Antriebsart der Zukunft auch einen freien Markt benötigt, in dem die Bedingungen für alle fair sind. Wirtschaftswissenschaftler sprechen von einem „level playing field“, also einem „ebenen Spielfeld“. Mit anderen Worten: Der Staat muss sich heraushalten. Vor allem in der deutschen Mobilitätspolitik, wo sich Klimakrise, Wirtschaftslobbyismus und Kulturkampf begegnen, ist das allerdings Wunschdenken.
Das Ergebnis gibt es derzeit täglich zu durchsuchen – und kostet die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler Milliarden. Die Subventionen von bis zu 9000 Euro für den Kauf eines Elektroautos, die sinnloserweise auch für Plugin-Hybride gelten, verzerren den Markt zugunsten der Elektromobilität. Der momentane Tankrabatt versucht, den Preis für Benzin und Diesel künstlich niedrig zu halten – und verzerrt somit den Markt zugunsten der Verbrenner. Von den Steuersubventionen für Dieselkraftstoffe in Milliardenhöhe noch gar nicht zu sprechen.
Maulwurfshügel auf dem Spielfeld
Das „ebene Spielfeld“ ist in Deutschland auch übersät mit Maulwurfshügeln. Daran hat nicht zuletzt sterben FDP ihren Anteil: Sie war es, die den schuldenfinanzierten Tankrabatt durchboxte, der nach ersten Erkenntnissen vor allem Mineralölkonzerne und besserverdienende Bestandteile.
Dabei hatten die Liberalen noch im Bundestagswahlkampf gefordert, den Spritpreis klimapolitisch über das vollständig marktwirtschaftliche Instrument des Europäischen Emissionshandels zu regeln, ausdrücklich auch dann, wenn er dadurch in die Höhe schießen sollte. Doch mit Eintritt in die Regierung verlor die FDP plötzlich ihr Vertrauen in den Markt.
Der Markt hat sich entschieden
Das macht vor allem E-Fuels so riskant. Denn für Politiker sind die synthetischen Kraftstoffe attraktiv: Eine Technologie, durch die alles so bleiben kann, wie bisher, ist der Traum eines jeden Abgeordneten oder Ministers. Das schafft Anreize, das Spielfeld ein klein wenig uneben zu gestalten. Was wäre zum Beispiel, wenn sich E-Fuels im Jahr 2035 als preislich nicht konkurrenzfähig erweisen sollten – könnte sich die Tankrabatt-FDP dann einen E-Fuel-Rabatt verkneifen?
„Technologieoffenheit“ bedeutet eben auch, dass Politiker klar unterlegene Technologien künstlich am Leben erhalten können, ob aus Ideologie- oder aus Lobby-Gründen. Wer die politischen Debatten rund um die Verkehrswende verfolgt, wo Elektroautos gerne mal als emissionsfrei oder schmutziger als Dieselautos gelten (beides falsch), oder wo E-Fuels für 80 Cent pro Liter quasi jetzt schon unbegrenzt bereitstehen, der oder die weiß: Fachwissen spielt bei viele Entscheidungen nur bedingt eine Rolle.
Und zumindest derzeit haben E-Fuels im Vergleich zur Elektromobilität noch große Probleme im Hinblick auf Produktion, Logistik und Wirtschaftlichkeit zu lösen. Die Autoindustrie, auch der Markt, hat sich daher bereits entschieden: Konzerne wie VW, Opel, FiatDaimler u Hyundai bereits einen eigenen Ausstieg aus dem Brenner festgelegt. Die Politik sollte auf den Markt hören.
Und lieber mit Hochdruck daran arbeiten, dass die Elektro-Wende zum Erfolg WIRD
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Quelle: news.google.com