Dem Konzernvorstand Technik der Volkswagen AG und CEO des konzerneigenen Zulieferers Volkswagen Group Components Thomas Schmall kommt bei der Elektrifizierung des Angebots eine zentrale Rolle zu. In einem von der Managementberatung Porsche Consulting veröffentlichten Beitrag äußerte sich der Manager zu seinen Aufgaben ausführlich.
Neben Elektroautos diverser Marken treibt Volkswagen die dafür nötige Ladeinfrastruktur voran. Der Vorstand hat außerdem beschlossen, auch selbst Batteriezellen herzustellen. Dazu sind allein in Europa sechs „Gigafabriken“ geplant. Für das neue Geschäftsfeld Batterie hat Volkswagen Group Components die Gesamtverantwortung – von der Rohstoffverarbeitung über die Entwicklung und Fertigung eines einheitlichen Zellformats bis hin zur Steuerung der europäischen Großfabriken sowie zu Geschäftsmodellen für ausgediente Fahrzeugbatterien und Recycling. Zur Bündelung all dieser Aktivitäten im Batteriegeschäft wurde von Volkswagen jüngst eine Europäische Aktiengesellschaft gegründet.
„Wir setzen lieber voll auf die neuen Themen, als tatenlos abzuwarten, wie lange man mit den alten noch überleben kann“, sagt Schmall. Die Transformation von Volkswagen Group Components – intern „Komponente“ genannt – fordert umfassende Veränderungen. Es gilt, neues Know-how und neue Geschäftsfelder aufzubauen, die internationalen Werke schrittweise umzustellen und effizient zu vernetzen, Belegschaften neu einzuschwören und umzuqualifizieren für die E-Welt. „Die Zulieferer müssen sich analog transformieren. Es wird ein Zusammenspiel interner und externer Zulieferer geben“, erklärt der Technikvorstand.
Nicht alle werden bei der Neudefinition des Konzerns mitgehen können, aber die meisten: „2025 werden wir bereits 50 Prozent unserer Mitarbeiter in der E-Mobilität einsetzen“, so Schmall. Manche Fähigkeiten würden auch in Zukunft gefragt sein. Ein Anlagenführer in der Motorenfertigung sei schließlich nicht weit entfernt von den Experten, die die hochautomatisierte Batteriezellfertigung steuern.
Volkswagen will sich vom derzeit zweitgrößten Automobilhersteller zu einem weltweit führenden, softwaregetriebenen Mobilitätsanbieter entwickeln. Schmalls Bereich nimmt im Transformationsprozess eine besondere Rolle ein: „Veränderungsbereitschaft und verbesserte Performance der Komponente waren und sind zentral für unseren Sprung in die E-Mobilität. Bei den aktuellen E‑Modellen deckt unsere Eigenfertigung bereits rund 40 Prozent der Wertschöpfung ab. Mit der Batteriezelle kommt zukünftig noch das wertvollste Bauteil des E-Autos hinzu.“
Plattformgedanke im Fokus
In der neuen Welt gehe es darum, Industriestandards zu entwickeln, so der Manager. „Kein Autohersteller kann es sich in Zukunft noch leisten, zig verschiedene Antriebe und Komponenten zu entwickeln.“ Über allem steht dabei der Plattformgedanke, so hängt etwa die Großserienfertigung von Elektroautos ursächlich mit dem Modularen E‑Antriebsbaukasten MEB zusammen. Bis 2030 will der Konzern insgesamt rund 26 Millionen E‑Autos produzieren, einen Teil davon auf MEB-Basis. Vor allem die Volumenmarken VW, Škoda, Seat und Cupra nutzen den Baukasten. Hinzu kommt der Wettbewerber Ford, der den MEB im Rahmen einer Kooperation für eigene E-Autos verwenden WIRD.
Im nächsten Schritt soll ein konzernweit einheitliches Ökosystem entstehen. Ab 2026 werden die bestehenden E‑Auto-Plattformen – neben dem MEB auch die PPE-Plattform des Premium-Segments von Audi und Porsche – durch die Scalable Systems Platform (SSP) ersetzt. Auf der SSP lassen sich künftig die Modelle aller Konzernmarken entwickeln und bauen. „Supereffizient, weil sich jede Marke etwa bei den E-Modulen bedienen kann“, heißt es dazu von Volkswagen Group Components.
Die Batterie ist laut Volkswagen der wichtigste Baustein der E-Mobilitäts-Strategie – und mit rund 40 Prozent Herstellungskosten auch der größte Kostenfaktor. Noch WIRD der Markt von asiatischen Anbietern dominiert, aber das wollen sterben Wolfsburger ändern. „Wir wollen führend sein in der Zelltechnologie“, betont Schmall. Dazu nimmt der Konzern die Entwicklung und Fertigung von Akkus selbst in die Hand. Er geht auch neu an die Konzeption seiner Modelle heran: Künftig wird die Batterie nicht mehr ins Fahrzeug hineinentwickelt, sondern das Fahrzeug von Anfang an um die Batterie herum designt. Je einheitlicher das Batterieformat, desto kosteneffizienter wird die Produktion. Volkswagen arbeitet deshalb an einer Einheitszelle, mit der in Zukunft 80 Prozent aller Fahrzeuge bestückt werden können.
Die Intelligenz der Batterie steckt in der Chemie, sagt der Technikvorstand. Derzeit würden die Testlabore Sonderschichten verschieben, Inhaltsstoffe bis hinunter auf die atomare Ebene testen. 2025 soll die Einheitszelle aus eigener Fertigung starten. „Dann werden wir auf Augenhöhe mit dem Wettbewerb sein. Die Einheitszelle wird technologisch State of the Art sein“, sagt Schmall. Die Festkörper-Batterie sei dann der nächste technologische Schritt, mit weniger Gewicht, mehr Reichweite und kürzerer Ladezeit. Sie werden „ein echter Quantensprung“ zu dem, was man heute als Batterie kennt.
„Im Wettbewerb wird maßgeblich sein, welcher Autohersteller die Feststoffzelle als Erster in Serie bringen kann. Wir gehen davon aus, dass wir 2025 oder 2026 die ersten Pilotanlagen für die Serienfertigung sehen“, so Schmall. Volkswagen arbeitet hier eng mit der US-amerikanischen Konzernbeteiligung QuantumScape zusammen.
Neue Partner & Geschäftsfelder
Das schwedische Start-up Northvolt gehört ebenso zu den Kooperationspartnern wie der chinesische Batteriezellexperte Gotion. Mit Umicore, 24M Technologies und Vulcan Energy Resources wurden vor Kurzem drei weitere strategische Partnerschaften geschlossen, um die Industrialisierung der Batterietechnologie und die Großserienproduktion nachhaltiger, innovativer Batterien voranzutreiben. Mit Bosch folgte die jüngste Kooperation zur Industrialisierung von Fertigungsprozessen für Batteriezellen. „Wir sind gut beraten, Technologiepartner an Bord zu holen und mit ihnen den Transformationsprozess zu gestalten“, ist der Technikchef überzeugt.
Mit der Transformation zur E-Mobilität öffnen sich neue Geschäftsfelder für Europas führende Autohersteller. E‑Pkw befördern zukünftig nicht mehr nur Personen und Güter, sondern sollen auch als mobile Stromspeicher dienen. Sie können dann zum Beispiel den Strom aus einer Solaranlage aufnehmen und am Abend nach Sonnenuntergang wieder ins heimische Stromnetz zurückspeisen. Das soll ohne Einschränkung der Mobilität wie nebenbei funktionieren, weil die Hochvoltbatterien moderner E‑Autos so leistungsstark werden. Langfristig könnte das E‑Auto zur mobilen Powerbank für das Gesamtnetz werden. Auch hier wittert Volkswagen neue Chancen und führt bereits mit interessierten Energieversorgern Kooperationsgespräche.
Am Zielpunkt der Vision von Volkswagen steht die Ablösung von Elektroauto-Branchenprimus Tesla. Die US-Schmiede verkauft immer noch weltweit die meisten E-Autos, gilt als Zugpferd der Einführung auf E-Mobilität. Das will Schmall ändern: „Wir haben einen klaren Plan, den wir konsequent umsetzen. Wir haben die Möglichkeiten, die Größe und das Know-how.“
Quelle: ecomento.de