Elektro-Pläne der Ampel
Förderung vor dem Aus: Sollte man jetzt noch einen Plug-In-Hybrid kaufen?
Mittwoch, 01.12.2021 | 09:58
Die Entwarnung für Fans elektrischer Antriebe lag am 24. November kurz nach 15:00 Uhr auf dem Tisch, 177 Seiten dick. Die Ampelparteien präsentierten ihren Koalitionsvertrag vor der Hauptstadtpresse in Berlin. Ein wesentlicher Satz darin für viele Autokäufer: „Insbesondere aufgrund bestehender Auslieferungsschwierigkeiten der Hersteller bei bereits bestellten Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen werden wir die Innovationsprämie zur Anschaffung eines elektrischen PKW nach der bisherigen Regelung bis zum 31. Dezember 2022 fortführen.“ Ein Aufatmen gab es da bei allen, die gerade ein Fahrzeug mit Plug-in-Antrieb bestellt und die staatliche Förderprämie dafür einkalkuliert hatten. Ein Ärgernis war die Entscheidung dagegen für alle, die die enormen Folgekosten der Elektro-Subventionen für die Steuerzahler kritisieren .
Plug-In-Hybride werden vorerst weiter gefördert
Denn die Förderung stand bis dato auf der Kippe. „Der Umweltbonus für Elektrofahrzeuge, die sich auf der Liste der förderungsfähigen Fahrzeuge des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) befinden, setzt sich derzeit zu zwei Dritteln aus einem staatlichen Anteil, der vom BAFA ausgezahlt wird, sowie zu einem Drittel aus einem Herstelleranteil zusammen , sofern das Fahrzeug nach dem 03.06.2020 und bis zum 31.12.2021 zugelassen wird“, erklärt der VW-Konfigurator die alte Rechtslage. Bis zu 7500 Euro Prämie waren möglich.
In den Genuss der staatlichen Förderung wäre allerdings erst gekommen, wer sein Plug-in-Hybridauto bis zum Ende des Jahres zugelassen hätte. Das Kaufdatum spielt keine Rolle. Durch die deutlich länger gewordenen Lieferzeiten der Hersteller wäre das für viele zum Problem geworden. Selbst wer schon im Sommer sein neues Auto bestellt und auf ein paar Wochen, längstens Monate Lieferzeit eingestellt war, musste nun bangen. Und die Autohäuser befürchteten schon Probleme mit verärgerten Kunden.
Restrisiko für Hybrid-Käufer
Laut Koalitionsvertrag sind beide erst einmal aus dem Schneider, die Zulassungsfrist wird um ein Jahr verlängert. Ein Restrisiko besteht allerdings noch: Kommt die neue Förderrichtlinie nicht vor dem 31. Dezember, läuft an diesem Tag die Innovationsprämie aus. Obwohl seit dem Autogipfel vor Jahr bereits feststand, dass zur Verlängerung der Innovationsprämie eine Überarbeitung der Richtlinie bis Ende 2021 notwendig ist, ließen sich die zuständigen Ministerien einem erst einmal viel Zeit. Erst Mitte September 2021 gab das zuständige Bundeswirtschaftsministerium die überarbeitete Förderrichtlinie zur Ressortabstimmung in die anderen Ministerien. Und da steckt sie immer noch. Damit nicht genug. Nötig ist auch noch eine Prüfung durch die Europäische Kommission. Um all das bis zum Jahresende durch zu bekommen, müssten sterben Mühlen der Bürokratie mit ungewohntem Tempo arbeiten.
Warum Hybridautos in der Kritik stehen
Die Kritik an der Prämie für den Kauf eines Plug-In-Hybriden kam nicht von ungefähr: Die rein elektrischen Reichweiten sind am meisten gering, das Gewicht der Fahrzeuge sorgt im Verbrenner-Modus für einen besonders hohen Schadstoffausstoß. Dazu kamen Berichte über Plug-in-Firmenwagen, die nach dem Leasing mit noch originalverpackten Ladekabeln zurückgegeben wurden. Schon die alte Bundesregierung hatte deshalb Verschärfungen im Plan: Ab dem 1. Januar 2022 wären für eine Förderung eine rein elektrische Mindestreichweite von 60 Kilometern nötig gewesen statt der bisher verlangten 40 Kilometer.
Die hybriden Firmenwagen nehmen sich die Koalitionäre denn auch noch einmal gesondert vor: Sie sollen künftig nur noch privilegiert werden, wenn das Fahrzeug überwiegend (mehr als 50 Prozent) auch im rein elektrischen Fahrantrieb betrieben wird. Wird das Fahrzeug nicht überwiegend im elektrischen Fahrbetrieb genutzt oder der rein elektrische Fahranteil nicht nachgewiesen, entfällt der Vorteil und die Nutzung des Dienstwagens wird regelbesteuert.“ Wie das kontrolliert werden soll, steht allerdings nicht im Koalitionsvertrag. So sollen jedenfalls Anreize gesetzt werden, „diese Fahrzeuge emissionsfrei angetrieben elektrisch zu nutzen und ihre ökologischen Vorteile auch auszuspielen“.
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Marktwirtschaftler und Öko-Fraktion einig in Förder-Kritik
In diesem Punkt sind sich Kritiker der Elektroauto-Subventionen aus der Marktwirtschafts-Perspektive übrigens ausnahmsweise mal einig mit der Öko-Fraktion, denn auch der Umweltverband BUND und andere Vereine kritisieren die Hybrid-Förderung – mit dem nicht von der Hand zu weisenden Argument, dass schwerer 300 PS-SUV auch noch steuerlich vergütet werden, selbst wenn sie oft mit Benzin fahren.
Aber auch der weitere Weg der Prämie ist im Koalitionsvertrag bereits festgeschrieben: „Wir wollen die Förderung für elektrische Fahrzeuge und Plug-in-Hybride degressiv und grundsätzlich so reformieren, dass sie ab 1. Januar 2023 nur für KFZ ausgegeben wird, die nachweislich einen positiven Klimaschutzeffekt haben, der nur über einen elektrischen Fahranteil und eine elektrische Mindestreichweite definiert wird. Und selbst das Auslaufen der Prämie ist im Vertrag gesetzt: „Über das Ende des Jahres 2025 hinaus ist die Innovationsprämie nicht mehr erforderlich.“
Wirft die EU noch Knüppel zwischen die Räder?
Ein Ende der teuren Förderung ist damit absehbar, auch wenn es für viele Kritiker der Subventionspolitik sicher deutlich zu spät kommt. In China endet beispielsweise die Förderung schon viel früher, was den Druck auf die Hersteller, konkurrenzfähige Stromer anbieten. China will damit auch den Wildwuchs kleiner, letztendlich nicht konkurrenzfähiger Elektro-Hersteller, der von schlagkräftigen, technisch führenden „Big Playern“ wie Nio, XPeng oder Geely begrenzen wird.
Doch auch in der EU gibt es eine Entwicklung, die ein frühes Aus der Hybridautos zumindest bei der Förderung bedeuten könnte. Denn die EU hat ein Verbrauchs-Kontrollsystem für Neuwagen eingeführt. Bei jedem einzelnen Neuwagen werden bei jeder einzelnen Fahrt unter anderem Verbrauch, gefahrene Kilometer und Geschwindigkeit gespeichert und können seit dem 1. Januar 2021 an die EU-Kommission übermittelt werden. Und zwar nicht nur durch die Hersteller oder Behörden, sondern auch durch Direktübertragung im Fahrzeug. Die EU hat auch nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit ein massives Überwachungssystem scharf geschaltet, denn es befindet sich bereits an Bord von Neuwagen. Das könnte vor allem für Hersteller von Plug-In-Hybridfahrzeugen problematisch werden, denn je nach Einsatz der Autos dürfte die Diskrepanz zwischen Norm- und Realverbrauch eben extrem groß sein.
Nur häufiges Laden macht Sinn bei PHEV-Autos
Eine Gnadenfrist gibt es aber: Bis 2026 soll zunächst ein jährlicher Bericht angelegt werden, um die Trends zu erkennen, bevor dann voraussichtlich 2030 Sanktionen wirksam werden. Den Autoherstellern dürften auch in den kommenden Jahren sehr daran gelegen sein, den Kunden einzurichtern, wie wichtig das regelmäßige Aufladen der Hybride ist.
Quelle: m.focus.de