Volkswagen Cariad gründet Tochtergesellschaft in China
VWs Softwaretochter Cariad bekommt eine China-Niederlassung. Das lokale Entwicklerteam soll jedoch nicht nur Funktionen für China entwickeln.
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(Bild: Cariad/VW)
Das Softwareunternehmen des Volkswagen-Konzerns gründet in China eine Tochtergesellschaft. Wie Cariad am Donnerstag (28. April) mitteilte, werde das lokale Team Software speziell für den chinesischen Markt entwickeln, darunter Fahrerassistenzsysteme und Konnektivitätsdienste. Die Entwicklerinnen und Entwickler unterstützen zusätzlich die Arbeit an der konzerneinheitlichen Softwareplattform, heißt es weiter.
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Cariad will sein China-Team von aktuell 600 Mitarbeitern bis Ende 2023 verdoppeln – über 90 Prozent davon sollen aus China kommen. Zudem wurde ein landesweit verteiltes F&E-Netzwerk aufgebaut, wobei Peking, Schanghai, Chengdu und Hefei als erste Entwicklungs-Hubs vorgesehen sind.
VW in China verstärkt unter Druck
Volkswagen reagiert damit auf den zunehmenden Frust der chinesischen Kunden über die zunehmenden als rückständig erfassten Systeme der VW-Modelle. Vor allem die chinesischen Start-ups überbieten sich mit Funktionen und Diensten, die moderne Elektronik und Software mit künstlicher Intelligenz nutzen. „Die traditionellen Marken erwähnen Intelligenz nicht einmal, es sind bloß Elektroautos“, wunderte sich ein Besucher über Modelle der deutschen Premium-Marken auf der Auto-Messe in Guangzhou im Herbst 2021. „Die Fahrerassistenz und die Interaktion zwischen Mensch und Computer sind noch immer auf einem ganz elementaren Niveau“, schrieb damals die Autozeitung über den Auftritt von Audi, BMW und Mercedes-Benz.
In der Mitteilung wiederholt Cariad das Ziel, bis Mitte des Jahrzehnts den gesamten Technologie-Stack auf den Markt zu bringen und damit automatisiertes Fahren auf Level 4 zu ermöglichen. Experten zweifeln mittlerweile daran: Wenn die Entwicklung 2025 fertig sein soll, müsste in diesem Jahr die Basissoftware fertig sein, um ausgiebig zu testen und Apps entwickeln zu können, sagt sich Jan Becker, CEO von Apex.AI, im Handelsblatt. Er sieht keinen deutschen OEM momentan soweit mit seinen neuen Software-Architekturen begonnen.
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Im Februar berichteten wir über eine mögliche Kooperation mit Huawei. Es ist gut möglich, dass Cariad China die Brücke zum Elektronikkonzern schlagen soll. Das für seine Mobiltelefone bekannte Unternehmen beschäftigt in Schanghai etwa 2.000 Entwickler, die sich mit dem automatisierten Fahren beschäftigen.
In China als E-Auto-Anbieter unter „ferner liefen“
Während es VW seit knapp einem Jahr schafft, in China E-Autos anzubieten, sind die Konsumenten dort längst Eine Stufe weiter. Sie erwarten von einem Elektroauto längst moderne Fahrerassistenzsysteme, großflächige, „smarte Cockpits“ mit Bildschirmen voller innovativer Steuerungsmöglichkeiten und einfacher Integration des Mobiltelefons, berichtet unser Korrespondent Henrik Bork in seiner Reihe „China Market Insider“. Anfang 2022 gehört Volkswagen in China nicht zu den zehn erfolgreichsten E-Auto-Herstellern. Nur mit den Joint-Venture-Marken reicht es für Platz 5.
„Wir werden unsere Produkte basierend auf den lokalen Kundenerwartungen in der Entwicklung und kontinuierlich verbessern, die der Markt erwartet“, kündigt Chang Qing, CEO von Cariad China, an. „In enger Zusammenarbeit mit den Marken der Gruppe und unseren drei Joint Venture-Partnern werden wir softwaregestützte Mobilitätslösungen in großem Maßstab anbieten.“
Gravierender Software-Fehler
Für das Infotainment-System im Golf 8 und der ID-Reihe hat VW bereits viel Kritik eingebracht. Bei einem Audi Q4 E-Tron, den die Redaktion testen konnte, waren Software-Fehler offensichtlich und teilweise graviert. Zum Beispiel klickte das Infotainment-System selbsttätig – wie von einer hektischen Geisterhand gesteuert – durch die Untermenüs. Auch die Fahrerassistenzsysteme sind anfällig für Fehler: So bremste der Q4 auf der Autobahn A3 im Tunnel bei Hösbach auf 30 km/h, weil das System das Auto auf einen Kreisverkehr zusteuern „sah“. Der Kreis liegt jedoch oben auf der Tunneleinhausung.
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Deutlich besser funktionieren die Systeme von Mercedes-Benz und BMW. Die Münchener aktualisiert derzeit ihr Cockpit-Betriebssystem auf Version 8. Damit erkennt die Navigation nun individuelle Fahrmuster und errechnet daraus für den Fahrer personalisierte Routen. Für viele BMW-Fahrzeuge der Baujahre 2018 und 2019 sind außerdem Echtzeit-Verkehrsinformationen verfügbar. Der OEM arbeitet hier mit Here Technologies zusammen.
Bei Volkswagen scheitert unterdessen das stolze Over-the-Air-Update, weil die ersten ID-3-Modelle eine zu schwache Zwölf-Volt-Batterie verbaut haben.
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Quelle: www.automobil-industrie.vogel.de