In der wöchentlichen Kolumne schreiben wir im Wechsel über Innovations- und Wirtschaftstrends in Asien.
(Foto: Klawe Rzeczy)
Peking Von Weitem erinnern die großen grauen Kästen auf einem Parkplatz neben dem Chaoyang-Park im Zentrum von Peking an große Autowaschanlagen: Eine Einfahrtrampe, dahinter ist Raum für einen Pkw. Doch wer nähertritt, hört schon das leise Dröhnen der Lüftungsanlage. Denn in zwei großen Kästen sind Batterien gelagert, außen steht in großen Buchstaben „Nio Power“.
Der Anbieter für Elektroautos, der auch als „Chinas Tesla“ gehandelt wird, bietet seinen Kunden hier als eines der ersten Unternehmen an, die Batterie ihres Fahrzeugs einfach innerhalb von drei bis fünf Minuten statt aufzuladen. Rund 700 dieser Stationen hat das Unternehmen laut eigenen Angaben bereits in ganz China aufgestellt und mehr als eine Million Mal Batterien ausgetauscht – damit ist das Unternehmen weltweit.
Konkurrent Geely will bis zum Jahr 2025 weltweit 5000 Stationen installieren – und verspricht, dass der Austauschprozess bei seinen Stationen nur eine Minute dauert. Für Aufsehen hatte jedoch der Einstieg eines anderen Unternehmens gesorgt: Im Januar veröffentlichte der Batteriehersteller CATL, in die Technologie zu investieren. CATL ist bei Batterien in China absolut marktbeherrschend und gilt als der weltweit größte Hersteller.
Das Unternehmen wird in zehn Städten im Land Tauschstationen einrichten, die Nutzer sollen über eine App auf den Service zugreifen können. Zunächst soll nur ein Fahrzeug des chinesischen Autoherstellers FAW mit dem Dienst kompatibel sein, in Zukunft sollen weitere Modelle übernommen werden.
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Europäische Hersteller wie BMW zeigen sich bei dem Thema bisher eher skeptisch. Tesla hatte bereits im Jahr 2013 mit dem Batterieaustausch experimentiert, ihn dann aber nicht weiterverfolgt. „Die superschnellen Ladestationen des Unternehmens seien schnell genug“, sagte Firmenchef Elon Musk.
Der chinesische Elektroautohersteller ist Vorreiter beim Batterietausch.
(Foto: picture alliance/Gao yuwen – Imaginechina)
Doch was in Europa oder den USA kaum verbreitet ist, hat in China gerade großen Auftrieb. Das liegt auch an der staatlichen Unterstützung der Batterieaustausch-Stationen. Im umfassenden Arbeitsbericht der Regierung wurde die Batterietausch-Technologie im vergangenen Jahr explizit erwähnt. Im Oktober hat das Ministerium für Industrie und Informationstechnologie ein neues Pilotprogramm gestartet, mit dem der Bau von mehr als 1000 Stationen unterstützt werden soll.
>> Mehr zum Thema: Chinas E-Auto-Hersteller überschwemmen den eigenen Markt
Analysten wie etwa die Ratingagentur Fitch erwarten aufgrund der staatlichen Unterstützung einen Boom der Technologie in China. „Wir glauben, dass das Batterieaustausch-Modell die Nachfrage nach Elektroautos und Batterien antreiben könnte“, heißt es in einer aktuellen Analyse des Unternehmens. Insbesondere setzt Nio seine Stationen in den Fokus seiner Werbekampagnen und wird damit auch in Europa expandieren.
Neben dem Zeitvorteil gegenüber der Aufladung hat der einfache Austausch der Batterie noch einen Vorteil: Der Autokunde muss die Batterie nicht mitkaufen, sondern kann sie mieten – in verschiedenen Ausführungen. Das soll die Angst der Kunden davor dämmen, bei Technologiesprüngen nicht mehr mitzukommen.
Die Technologie und die erforderliche Infrastruktur sind jedoch alles andere als leicht zu handhaben. Die Batterien nehmen noch großen Raum ein, wie das Beispiel in Peking zeigt. Experten sind skeptisch, wie sinnvoll der Batterietausch wirklich ist, insbesondere weil die Reichweite immer größer wird. Dazu beträgt die Zeit, eine Batterie zumindest zum Teil aufzuladen, bei manchen Herstellern ohnehin bereits nur noch rund 30 Minuten.
Das Unternehmen Better Place hatte ungefähr zur gleichen Zeit wie Tesla mit dem Austausch von Batterien als Alternative zum Aufladen experimentiert und insbesondere in Israel Stationen eingerichtet. Die Firma scheiterte jedoch und verschwand von der Bildfläche.
Ein Problem war offenbar, dass lediglich Renault seine Modelle mit der Batterietausch-Station von Better Place kompatibel gemacht hatte und andere nicht nachzogen. Doch trotz der enttäuschenden Erfahrungen erwägt das französische Unternehmen derzeit als einer der wenigen europäischen Autohersteller, die Technologie neu aufleben zu lassen.
In der Kolumne Asia Techonomics schreiben Nicole Bastian, Dana Heide, Martin Kölling, Mathias Peer und Sabine Gusbeth im Wechsel über Innovations- und Wirtschaftstrends in der dynamischsten Region der Welt.
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Quelle: www.handelsblatt.com