Bosch beteiligt sich an der Herstellung von Wasserstoff. So kann auch Deutschland unabhängiger von Öl und Gas werden.
Grüner, aus Solar- und Windenergie erzeugter Wasserstoff gilt schon lange als entscheidender Hebel, um die Abhängigkeit von Öl und Gas deutlich zu verringern. Doch immer wieder hieß es: Die Technologie sei noch viel zu teuer. Es werde lange dauern, bis endlich klimafreundlicher Wasserstoff zu günstigen Preisen hergestellt werden kann. Ingenieure und Manager winkten ab.
Dann ließ der russische Diktator Wladimir Putin die Ukraine überfallen. Betrachtet man Länder wie Deutschland intensiv, wie sie die hohe Abhängigkeit von Gaslieferungen und auch Öleinfuhren aus dem Land deutlich verringern können. Und im Zuge der Aggression Moskaus sind die Ölpreise weiter gestiegen. All diese Entwicklungen machen Wasserstoff aus politischen wie wirtschaftlichen Gründen immer attraktiver. Bosch-Chef Stefan Hartung sagt so bei der Vorlage der Bilanz am Mittwoch in Renningen bei Stuttgart: „Früher galt grüner Wasserstoff als Champagner, zukünftig wird er immer mehr zu Wasser.“
Der Manager spielt darauf an, dass der umweltfreundliche Energieträger aus einer teuren und mengenmäßig überschaubaren Ecke vor einer schneller als gedacht einsetzenden Phase der Industrialisierung, also Massenproduktion, steht. Und da sich Bosch nicht nur bei strombetriebenen Autos und Wärmepumpen als Lieferant der Energiewende sieht, will das Unternehmen künftig nicht nur vermehrt selbst Wasserstoff nutzen, sondern steigt auch massiv in die Herstellung der Technologie ein.
Zur Erinnerung: Die Schwaben hatten 2013 beschlossen, wegen des deutlichen Preisverfalls aus dem Geschäft mit Solarzellen sowie Solarmodulen auszusteigen. Und 2018 erreichten sie, keine eigenen Batteriezellen herstellen, weil das Geschäft zu teuer und zu riskant sei. Fast schien es, der Konzern stehe auf der Öko-Bremse. Nun aber verstärkt das Unternehmen mit 402.600 in erheblichem Umfang seinen grünen Fußabdruck. Bis Ende des Jahrzehnts investierte der Konzern bis zu einer halben Milliarde Euro in die Herstellung von Bestandteilen für die Wasserstoffherstellung.
Wasserstoff-Pläne helfen Wirtschaftsminister Habeck
Genauer gesagt geht es um Bauteile für Elektrolyseure. In solchen Anlagen wird Wasser mithilfe von Strom am besten aus erneuerbarer Energie, also Wind- und Sonnenkraft, per Elektrolyse in grünen Wasserstoff und Sauerstoff umgewandelt. Dabei bildet der sogenannte „Stack“, also ein Stapel mehrere hundert einzelne Zellen, das selbe Teil. In jeder der in Serie geschalteten Zellen trägt sich nun die Umwandlung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zu. Das Verfahren ist ein wesentlicher Baustein bei den Plänen von Wirtschaftsminister Robert Habeck, Deutschland von den Fesseln des massenhaften Imports von klimaschädlichem Öl und Gas zu befreien.
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Die deutsche Wasserstoffwirtschaft ist eine Branche mit Boom-Potenzial: Siemens Energy mischt hier längst mit. Auch die Augsburger Volkswagen-Tochter MAN Energy Solutions ist technologisch an Bord. Für Bosch-Chef Hartung steht fest, dass grüner Wasserstoff nicht notwendig nur ist, um die CO2-Bilanz der Stahl- und Chemieindustrie aufzupolieren, sondern auch gute Klima-Dienste beim Schwerlastverkehr und private Gebäude leisten kann. Der Konzern erhofft sich durch Massenproduktion der Baugruppen für die Wasserstoff-Technologie wirtschaftliche Vorteile gegenüber Konkurrenten, die nicht auf derart hohe Stückzahlen kommen. Mit der Industrialisierung des Geschäfts will Bosch bald unter anderem am bayerischen Standort in Bamberg beginnen.
Druck auf Zulieferer in der Branche ist groß
Die Wasserstoff-Technik wird in der Automobil-Sparte des Unternehmens angesiedelt – ein Bereich, der stark unter dem Halbleitermangel, aber auch dem Wandel hin von Brenner- zu Elektroautos begründet. Nach einem Verlust im Vorjahr fuhr Bosch 2021 im traditionellen Automobilgeschäft nur ein leicht positives Ergebnis ein. Zulieferer klagen allgemein, dass sie die Hauptlast der Transformation der Branche tragen müssen, während Autokonzerne hohe Gewinne einfahren. So konnte sich der viertgrößte deutsche Autozulieferer Mahle aus Stuttgart nicht aus den roten Zahlen befreien und sendet eine Art Hilferuf an die Autoriesen, was für Aufsehen sorgte.
Bosch geht es insgesamt aber wirtschaftlich gut. Der Umsatz stieg 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 10,1 Prozent auf 78,7 Milliarden Euro. Zugleich erwartet das operative Ergebnis vor Steuern um mehr als die Hälfte auf 3,2 Milliarden Euro zu. Dabei wirft der Krieg in der Ukraine auch Schatten auf Bosch. Wie Hartung berichtet, ist das Geschäft in Russland als Folge der Sanktionen in großen Teilen zum Erliegen gekommen. In einigen Bereichen wie im Heizungsgeschäft gebe es noch AKTIVITÄTEN, sagte er, ohne weitere Details zu nennen. Bosch beschäftigt 3500 Menschen in Russland und 360 in der Ukraine. Der Konzern unterstützt die Sanktionen gegen Russland, bezahlt dort aber Löhne weiter.
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Quelle: www.augsburger-allgemeine.de