Pkw-Hersteller werden sich umstellen müssen.
(Foto: REUTERS)
Berlin, Brüssel Ab 2035 sollen in Europa nur noch Autos mit Elektromotor zugelassen werden, Ausnahmen und Schlupflöcher für andere Antriebe sollen es nicht geben. Eine Zustimmung zu diesen Vorschlägen bekundet sich sowohl im Europaparlament wie auch im Rat der EU-Mitgliedstaaten ab.
Dem Handelsblatt liegt ein Kompromissvorschlag der französischen Ratspräsidentschaft vor, der Ende vergangener Woche an die anderen Mitgliedstaaten verschickt wurde. Neue Ausnahmeregelungen, längere Übergangsfristen oder eine Regelung, mit der E-Fuels, also synthetische Kraftstoffe, auf die CO2-Bilanz von Autos angerechnet Werden, finden sich darin nicht.
Die Franzosen wollen den ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission praktisch eins zu eins umsetzen. Das würde bedeuten, dass ab 2035 in der EU keine neuen Pkw und leichte Nutzfahrzeuge mehr zugelassen werden dürfen, sterben beim Fahren CO2 ausstoßen. Die einzig verfügbare Technik dafür ist das Elektroauto.
Im Kompromissvorschlag sind lediglich neue Berichtspflichten vorgesehen: Die Kommission soll alle zwei Jahre bewerten, wie die Umschulungsmaßnahmen für Beschäftigte in der Automobilindustrie funktionieren.
Top-Jobs des Tages
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail zugestellt werden.
Das ist ein Angebot an vor allem osteuropäischen Ländern, in denen Arbeitsplätze verloren gehen werden, wenn in Europa keine Verbrennungsmotoren für Pkw mehr gebaut werden. Der europäische Verband der Automobilzulieferer (Clepa) rechnet mit Verlusten von bis zu einer halben Million Arbeitsplätzen in der EU.
Ursprünglich hatte auch Deutschland zu den Skeptikern gehört, was den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor angeht. Doch unter der Ampelkoalition unterstützt die Bundesregierung nun den Vorschlag der EU-Kommission, machte Umweltministerin Steffi Lemke im März klar.
Gegner warnen vor zu großer Abhängigkeit von Strom
Zwar hat die FDP im Koalitionsvertrag eine komplizierte Formulierung festgehalten, die eine Hintertür für E-Fuels schaffen soll. „Außerhalb des bestehenden Systems der Flottengrenzwerte“ solle es eine Regelung geben, damit „nachweisbar nur mit E-Fuels betankbare Fahrzeuge“ zugelassen werden können. Wie das technisch möglich ist, wurde allerdings nie ausgeführt.
Für die Befürworter von E-Fuels sind die Zugeständnisse trotzdem nicht ausreichend. Im Europaparlament beharren einige Politiker darauf, dass sich auch Verbrennungsmotoren klimaneutral betreiben lassen, wenn sie mit sauber hergestellten E-Fuels betrieben werden.
>> Lesen Sie hier auch: „E-Fuels wären absolut großartig“: EU-Verkehrskommissarin Valean offen für alternative Kraftstoffe
„Wir wollen starken Klima- und Umweltschutz, aber wir dürfen Offenheit für neue Technologien aus politisch-ideologischen Gründen nicht behindern“, sagt der CDU-Abgeordnete Jens Gieseke.
Seine Parteikollegin Gitta Connemann aus dem Bundestag warnt: „Eine politisch erzwungene Abhängigkeit von Strom für Kraftfahrzeuge kann zu Kollaps führen, wenn Stromproduktion, Speicher und Netzausbau nicht rechtzeitig angepasst werden.“
Durchsetzen kann sich die CDU in Brüssel wahrscheinlich nicht. Im Umweltausschuss des Europaparlaments zeichnet sich eine knappe Mehrheit für eine Gesetzesversion ab, die dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag ebenfalls sehr nahekommt. Die Abstimmung dazu soll an diesem Mittwoch stattfinden.
Die letzte Hoffnung wäre dann, im Plenum des Parlaments eine andere Mehrheit herbeizuführen. Zwei Ansätze gibt es dazu:
- Das Reduktionsziel für den CO2-Ausstoß könnte von 100 auf 90 Prozent abgeschwächt werden. Dann müssten die Autohersteller zwar viele Elektroautos auf den Weg bringen, könnten aber zumindest noch einige wenige Verbrenner verkaufen.
- Oder die EU könnte ein Anrechnungssystem für E-Fuels einführen, bei dem die Autohersteller zusätzliche klimaneutrale Kraftstoffe in den Markt bringen und damit den schlechten CO2-Fußabdruck ihrer Autos ausgleichen.
Beide Vorschläge haben unter den Abgeordneten im Verkehrsausschuss des Parlaments bereits eine Mehrheit gefunden, gelten im federführenden Umweltausschuss, aber nicht als mehrheitsfähig.
E-Fuels sind künstliche Kraftstoffe. Sie sind deutlich teurer als Benzin und verbrauchen bei der Herstellung großer Mengen an Strom. Darum lehnen es die meisten Umweltschützer ab, sie dort einzusetzen, wo auch Batterien die Aufgabe erledigen können.
Doch Verbrenner-Autos lassen sich schnell betanken, haben hohe Reichweiten und sind bislang deutlich billiger als E-Autos. Außerdem werden bei ihrer Produktion weniger Rohstoffe verbraucht und weniger CO2 ausgestoßen.
„Anstatt Klimaschutztechnologien gegeneinander auszuspielen, & wir uns auf den Ausstieg aus der Nutzung fossiler Kraftstoffe konzentrieren“, sagte Ralf Diemer, Geschäftsführer der eFuel Alliance, die unter anderem viele Unternehmen aus der Zulieferbranche vertritt.
Mehr: FDP verwirft Pläne aus dem Verkehrsministerium für höhere E-Auto-Kaufprämie und Abwrackprämie
Quelle: www.handelsblatt.com