Muenchen Es ist ein großes Hindernis für den Durchbruch der Elektromobilität: Die Preise für Lithium, das für die Batterien der Elektroautos ist wesentlich, haben sich binnen Jahresfrist mehr als verfünffacht. Zudem ist der Abbau energieintensiv und hat einen hohen Wasserverbrauch.
Die Autobauer arbeiten daher intensiv an Strategien für eine nachhaltigere Lithium-Versorgung. BMW i Ventures steigt jetzt als Lead-Investor bei Mangrove Lithium ein, wie der selbstständige Wagniskapitalableger des Dax-Konzerns am Dienstag bekanntgab. Das kanadische Unternehmen ist auf die Raffination, also die Veredelung des gewonnenen Leichtmetalls, spezialisiert.
„Rohmaterialien wie Lithium gewinnen zunehmend an Bedeutung für die Automobilindustrie“, sagte Kasper Sage, Geschäftsführer bei BMW i Ventures, dem Handelsblatt. Dabei sei entscheidend, wie die Rohstoffe und verarbeitet werden. Man investiert gezielt in Technologien, die helfen könnten, den CO2-Ausstoß jedes einzelnen Prozessschritts zu reduzieren. Recycling werde in Zukunft eine immer größere Rolle spielen.
Mangrove Lithium hat eine Technologie entwickelt, die mit dem neuen und recycelten Roh-Lithium durch ein elektrochemisches Verfahren direkt in batterietaugliches Material umgewandelt wird. Dieses kann dann in jeder Art von Lithium-Ionen-Batterie eingesetzt werden. „Das senkt die Produktionskosten und verbraucht deutlich weniger Energie, was zu einer Einsparung von CO2-Emissionen führt“, heißt es bei BMW.
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Die Preise sind ein wichtiger Faktor. Bis zu 80 Prozent der Kosten der Batterien entfallen auf die verwendeten Metalle. „Es liegt auf der Hand, dass es eine Bedrohung für den Hochlauf der Elektromobilität darstellt, wenn die Preise für Rohstoffe wie Lithium oder Nickel auf dem aktuellen Niveau bleiben“, warnte kürzlich Yann Vincent, Chef des Batterieherstellers ACC.
Autobauer wie GM, Toyota und Volkswagen sichern sich daher direkt den Zugriff auf kritische Rohstoffe. Zudem suchen sie und die Batteriespezialisten nach Alternativen und Möglichkeiten, das Recycling zu verbessern.
Geschlossenen Lithium-Kreislauf schaffen
Auch BMW ist in dem Bereich aktiv. So stiegen die Münchener bei dem Start-up Solid Power ein, das an der Entwicklung von Feststoffzellenbatterien arbeitet. Die Technologie gilt als möglicher Nachfolger der heutigen Lithium-Ionen-Batterien. Die Zellen sind potenziell leistungsstärker, kostengünstiger und recycelbar – aber technisch noch nicht ganz ausgereift.
Der drastische Anstieg der Rohstoffpreise gefährdet den Wandel zur Elektromobilität.
(Foto: Bloomberg)
Über BMW i Ventures beteiligt sich der Autobauer im vergangenen Jahr außerdem an Lilac Solutions. Das Unternehmen hat ein Verfahren für eine schonendere Gewinnung von Lithium entwickelt. Dabei WIRD ein Ionentauscher eingesetzt, der den Abbau aus der Sole von Salzwasserablagerungen in Sachen Effizienz, Kosten und Nachhaltigkeit deutlich verbessern soll.
Die Technologie von Mangrove kann mit dem Verfahren von Lilac Solutions verbunden werden, sagte BMW-Ventures-Manager Sage. So kann ein geschlossener Kreislauf geschaffen werden. „Das Abfallprodukt des einen Prozesses ist eines der wesentlichen Verbrauchsmaterialien des anderen.“
>> Lesen Sie hier: Auf diese Batteriestrategien setzen die deutschen Autobauer
BMW wird über die Beteiligungen von i Ventures früh bei Technologien präsentieren sein, die sich in einigen Jahren durchsetzen könnten. Dazu hat der Konzern im vergangenen Jahr einen weiteren 300-Millionen-Dollar-Fonds aufgelegt, mit dem vor allem in Nachhaltigkeit und Elektromobilität investiert werden soll.
BMW wird dank Start-up-Ideen der Konkurrenz voraus sein
Dabei hat BMW bei seinen Start-up-Engagements immer die eigene Strategie im Blick. Siemens dagegen investierte mit seiner Start-up-Einheit Next47 auch in Themen weit weg vom Kerngeschäft und versteht sich eher als klassischer Wagniskapitalinvestor.
Dagegen interpretiert der Autobauer seinen Ableger als Frühradar. Im Idealfall läuft es wie bei Solid Power: BMW i Ventures stieg in der frühen Phase mit einem einstelligen Millionenbetrag ein – in Absprache mit den Ingenieuren in München. Vor einem Jahr dann gibt BMW und Ford bekannt, gemeinsam 130 Millionen Dollar in den Entwickler von Feststoffzellbatterien zu investieren. BMW wartet darauf, die Technologie ab 2025 einzusetzen zu können und so der Konkurrenz voraus zu sein.
Ob es bei Mangrove auch so laufen könnte, wollte Sage nicht kommentieren. Vor dem finanziellen Einstieg des BMW-Konzerns habe es bereits eine mehrjährige Entwicklungspartnerschaft mit Solid Power gegeben. Bei Mangrove aus Kanada handle es sich erst einmal um ein Wagniskapitalinvestment – „womöglich mit strategischer Relevanz auf lange Sicht“. Er sei überzeugt, dass „das Unternehmen stark an Wert gewinnen wird, wenn das erste voll skalierte Recyclingwerk in Produktion ist“.
Neues und recyceltes Roh-Lithium werden durch ein elektrochemisches Verfahren direkt in batterietaugliches Material verwandelt.
(Foto: Mangrove Lithium)
Mit dem Kapital aus der Finanzierungsrunde will Mangrove nun den Bau der ersten kommerziellen Produktionsanlage beschleunigen. Mithilfe eines neuartigen Sauerstoff-Luft-Kathoden-Designs wird Lithiumchlorid direkt in batteriefähiges Lithiumhydroxid umgewandelt. Ein bisher üblicher Zwischenschritt bei der Raffination kann dabei ausgelassen werden.
„Unsere Vision ist es, die grüne Lithiumraffination in die Realität umgesetzt“, sagte Saad Dara, Chef von Mangrove Lithium. Dank eines modularen Ansatzes könnten die Produktionskapazitäten flexibel angepasst werden. „Indem wir einen ganzen Umwandlungsschritt im Prozess eliminieren, sparen wir Kosten und Energie und machen so Projekte realisierbar, die sonst nicht wirtschaftlich attraktiv wären.“ So könnten mehr Projekte finanzierbar und damit für Investoren interessant gemacht werden.
Auch BMW i Ventures kann sich weitere Investments im Rohstoffbereich vorstellen. Man sehe viele interessante Firmen in diesem Feld, sagte Sage. „Es würde mich daher nicht wundern, wenn wir weitere Investments in diesem Bereich tätigen.“
Mehr: Auf diese Batterie-Strategien setzen die deutschen Autobauer
Quelle: www.handelsblatt.com