Von Al Root
Barrons
Übersetzung: Stefanie Konrad
E-Autos sind auf der Überholspur – und zwar schneller, als man denkt. Amerikanische Investoren und Autokäufer zweifeln manchmal noch daran, dass sich die Autobranche in einem revolutionären Übergang von Benzinern zu batteriebetriebenen Fahrzeugen befindet. Sie sehen einfach nicht genug E-Autos auf den Straßen, um davon überzeugt zu sein. Dabei gibt es überall Anzeichen für diesen rasanten Wandel. Anleger müssen nur wissen, folglich sie achten müssen.
Am Dienstag veröffentlichte die britische Society of Motor Manufacturers and Traders (SMMT) die Zulassungszahlen für Juni. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Neuwagenverkäufe bei den batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen von 11 auf 16 Prozent gestiegen.
„Die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen ist weiterhin der einzige Lichtblick, da mehr Elektroautos denn je gekauft werden“, so SMMT-CEO Mike Hawes in einer Pressemitteilung. „Da die Benzinpreise immer weiter steigen, erscheint der Umstieg auf ein Elektroauto immer sinnvoller. Die Autoindustrie arbeitet auch hart daran, das Angebot zu verbessern und die Bereitstellung dieser neuen Technologien angesichts der Kostenersparnis für die Autofahrer zu priorisieren.“
In Großbritannien gibt es zwar immer mehr E-Autos, doch der britische Markt für Neuwagen ist nicht besonders groß. Die Gesamtzahl der Neuzulassungen lag im Juni bei etwa 150.000 Fahrzeugen.
China ist jedoch weltweit der größte Markt für Neuwagen. Im Mai lag der Anteil der New Energy Vehicles (NEV) an den Neuwagenverkäufen in China bei etwa 27 Prozent. (In China zählen Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge und vollelektrische Fahrzeuge zu den sogenannten NEV-Verkäufen.)
Die vollständigen Juni-Zahlen für China liegen noch nicht vor, aber angesichts des Wachstums bei BYD, NIO, XPeng und Li Auto könnten im vergangenen Monat sogar noch mehr NEV-Fahrzeuge dazu gekommen sein.
Die NEV-Verkaufszahlen von BYD sind im Juni um mehr als 300 Prozent auf rund 640.000 Fahrzeuge gestiegen. BYDs Absatzmix besteht etwa zur Hälfte aus Plug-in-Hybridfahrzeugen und zur Hälfte aus batteriebetriebenen Fahrzeugen.
NIO, XPeng und Li verkaufen batteriebetriebene Elektrofahrzeuge. Zusammen haben sie im Juni 41.280 Fahrzeuge ausgeliefert. Das sind etwa 85 Prozent mehr als im Juni 2021 und 44 Prozent mehr als im Mai mit 28.645 Fahrzeugen.
Für das Gesamtjahr 2022 geht der chinesische Automobilverband davon aus, dass NEVs über 25 Prozent der Neuwagenverkäufe ausmachen werden. 2021 waren es im Vergleich noch etwa 16 Prozent.
Mit 25 Prozent wäre die Marktdurchdringung von NEVs in China deutlich jenseits der Early-Adopters-Phase einer Adoptionskurve. Diese Kurven werden genutzt, um nachzuvollziehen, wie neue Technologien angenommen werden. liegt die Marktdurchdringung in der Early-Adopters-Phase bei etwa 16 Prozent. Die nächsten 34 Prozent werden als Early Majority, die nächsten 34 Prozent als Late Majority und die letzten 16 Prozent als Laggards bezeichnet.
Eine höhere Marktdurchdringung weist darauf hin, dass sich eine Technologie durchgesetzt hat. Aber es dauert unterschiedlich lange, bis sich Technologien in einer Volkswirtschaft vollständig durchgesetzt haben. Bei Smartphones hat es beispielsweise 14 Jahre gedauert, bis der Anteil der Smartphone-Nutzer in den USA von 0 auf ungefähr 85 Prozent gestiegen ist. Autos sind natürlich teurer als Mobiltelefone, und sie halten auch länger. Aus den Daten des US-Energieministeriums und des US-Verkehrsministeriums geht hervor, dass es – ganz grob geschätzt – 50 Jahre gedauert hat, bis 85 Prozent der US-Haushalte ein Auto anerkannten. Zu Beginn war das Model T von Ford noch eine exklusive Technologie.
Gemessen an den jüngsten Zahlen der Autohersteller, wird der Anteil der batteriebetriebenen Fahrzeuge in den USA im Juni wahrscheinlich bei etwa zehn Prozent der Neuwagenverkäufe liegen. Im Vergleich zu den letzten Monaten ist das eine Steigerung, aber immer noch weniger als im Rest der Welt und in der Early-Adopter-Phase. Heute liegt der Anteil der batteriebetriebenen Elektrofahrzeuge an den US-Haushalten etwa bei zwei Prozent. Die US-Autoindustrie befindet sich bei der Akzeptanz von Elektrofahrzeugen noch in derselben Phase wie damals beim Ford Model T.
General-Motors-CEO Mary Barra sagte kürzlich gegenüber Barrons, dass die Kosten für Elektrofahrzeuge ein Hindernis für eine höhere Akzeptanz darstellen. Daher möchten sie in den nächsten Jahren eher e-Autos anbieten. E-Autos sind in der Anschaffung als herkömmliche Autos teurer, obwohl die Kraftstoff- und Wartungskosten niedriger sind.
Auch die Ladeinfrastruktur kann hinderlich für die Marktdurchdringung von E-Autos sein. Autofahrer brauchen die Gewissheit, dass sie jederzeit laden können, egal wo sie gerade fahren. Pat Romano, CEO von ChargePoint, sagte kürzlich gegenüber Barrons, dass die USA schließlich für 100 Elektrofahrzeuge etwa 15 Ladestationen an den Straßen benötigen. Seiner Meinung nach gibt es in den USA aktuell etwa fünf Stationen pro 100 E-Autos.
Für die Überwindung solcher Hindernisse, wie sie Barra und Romano beschreiben, braucht es Innovationen und Investitionskapital. Auch das ist ein Grund dafür, warum sich Autos langsamer auf dem Markt durchsetzen als beispielsweise Smartphones. E-Autos sind aber auf dem Vormarsch. Anleger sollten sich darauf vorbereiten.
Quelle: www.deraktionaer.de