Von Stephen Wilmot
Das Wall Street Journal
Übersetzung: Stefanie Konrad
Autokonzerne wie BYD könnten sich davon inspirieren lassen: Hyundai feiert immer mehr Erfolge, insbesondere bei E-Autos. Das letzte Mal schenkten Anleger dem südkoreanischen Konzern viel Aufmerksamkeit, als Hyundai ein Elektrofahrzeug für Apple entwickeln sollte. Dieser Deal ist zwar geplatzt, doch der Autohersteller könnte nun eine viel größere Konkurrenz darstellen.
Chinesische Hersteller mit ähnlichen globalen Ambitionen könnten sich das Unternehmen zum Vorbild nehmen. Hyundai – zusammen mit seinem Schwesterunternehmen Kia – hat die erste Jahreshälfte wahrscheinlich als einer der fünf weltweit führenden E-Auto-Hersteller (ohne Hybridfahrzeuge) abgeschlossen. Hyundai hat etwa 100.000 Elektrofahrzeuge verkauft. Kia, das zu einem Drittel zu Hyundai gehört, hat keine Zahlen veröffentlicht. Die Verkaufszahlen seiner E-Autos stimmten in den letzten Monaten allerdings in etwa mit den Zahlen von Hyundai überein, sodass die beiden zusammen rund 200.000 Fahrzeuge verkauft haben könnten.
Damit liegen sie immer noch deutlich hinter dem führenden Tesla, der trotz der Produktionsprobleme in seinem Werk in Schanghai rund 565.000 Fahrzeuge ausgeliefert hat. Es sind auch weniger Fahrzeuge als bei Volkswagen, das in der ersten Jahreshälfte wahrscheinlich rund 250.000 E-Autos verkauft hat – die endgültige Zahl wird am Freitag veröffentlicht. Hyundai-Kia ist in diesem Jahr die größte Konkurrenz für Tesla in den USA. Volkswagen ist dagegen Marktführer bei den Elektroautos in Europa.
Abgesehen von Tesla und Volkswagen stellen nur chinesische Autohersteller mehr E-Autos her als das südkoreanische Duo. BYD ist wie Tesla bereits in den 2000er-Jahren in die Technologie eingestiegen. In der ersten Jahreshälfte 2022 lieferte das Unternehmen 324.000 Elektroautos aus. Vorab wurde viel darüber spekuliert, ob es Tesla überholen werde, aber das ist nur der Fall, wenn man Hybridfahrzeuge mitzählt. General Motors steht in der Rangliste der Elektroautos ebenfalls weit oben, da es mit seinen chinesischen Partnern SAIC und Wuling Automobile im Kleinstwagengeschäft tätig ist. Das gehört aber wohl in eine andere Kategorie.
Hyundai-Kia ist vor allem deshalb so erfolgreich, da die beiden heute hervorragende Produkte zu günstigen Preisen anbieten können – das Ergebnis von Investitionen, die vor Jahren erzielt wurden. Der Hyundai Ioniq 5 und der Kia EV6 sind zwei viel gelobte Familienautos, deren Einstiegspreise in den USA bei etwa 41.000 Dollar liegen. Da E-Autos aktuell Mangelware sind, werden sie möglicherweise von Leuten gekauft, die diese Marken normalerweise nicht in Betracht ziehen würden. Denn früher wurden sie eher mit Qualität als mit Spitzentechnologie in Verbindung gebracht.
HYUNDAI MOTOR CO. LTD. REG.SHS (NV)(GDRS) 1/2/SW5000
(WKN: 885166)
„Beim Kauf eines Elektroautos scheint die Marke eher eine Nebenrolle zu spielen. Als Vorreiter ist man jetzt klar im Vorteil“, so Jessica Caldwell, Executive Director von Insights bei Edmunds.
Hersteller von Marken, die auf einigen Märkten in Abruf geraten sind oder sich abgenutzt haben, setzen auf den gleichen Effekt. Volkswagen erwartet, dass ihm in den USA nach dem Dieselskandal mithilfe des Elektroautos ein Neustart gelingt. Ford wird mit dem Mustang Mach E und dem F-150 Lightning Kunden an den amerikanischen Küsten zurückgewinnen: In seinem Verkaufsbericht vom Juni schreibt das Unternehmen, dass über 70 Prozent seiner E-Fahrzeug-Käufer die Marke wechseln.
Eine ungeklärte Frage in der Autoindustrie ist, ob auch chinesische Marken die E-Auto-Karte ausspielen können, um auf den westlichen Markt zu fassen. Unterstützt werden sie durch Chinas gut gelieferte Batterie-Lieferkette. Geely ist durch seine kontrollierten Beteiligungen an der schwedischen Traditionsmarke Volvo und dem Start-up Polestar auf dem Vormarsch. BYD hat sich bisher mit Exporten zurückgehalten, sollte aber im Auge behalten werden. Jetzt, da qualitativ hochwertige E-Fahrzeuge in den USA und Europa knapp sind, wäre ein guter Zeitpunkt, um aggressiver voranzugehen.
Da es für den Verkauf und die Wartung dieser Fahrzeuge einer angemessenen Infrastruktur bedarf, ist es schwierig, den Export in den Massenmarkt voranzutreiben. Hyundai und Kia bauen ihre Marktposition schon seit Jahren aus. Geopolitische Faktoren stellen auch ein größeres Hindernis für chinesische Hersteller dar. Der Erfolg der südkoreanischen Marken weist der chinesischen E-Auto-Branche den Weg – zeigt aber auch die Möglichkeiten auf.
Quelle: www.deraktionaer.de