Die Idee des fliegenden Batteriewechsels ist so alt wie die Anfänge der jüngsten Elektroautowelle. Bereits 2009 stellten Renaults japanischer Partner Nissan und das unbegrenzte Start-up Better Place eine Akku-Austauschstation vor, die Elektroautos in nur 80 Sekunden zu vollen Batterien verhalf. Doch immer wieder platzten die Träume, weil nicht mehrere Unternehmen mitmachten. Nun wird ein Handvoll japanischer Firmen das Konzept wiederbeleben.
Die von faktisch von Toyota Commercial Japan Partnership Technologies Corporation (CJPT) und dem japanischen Logistikkonzern Yamato geben kürzlich bekannt, dass sie die Standardisierung und Kommerzialisierung von austauschbaren und wiederaufladbaren modularen Akku-Kartuschen untersuchen wollen.
Anstatt wie bei früheren Projekten die gesamte Batterie auszuwechseln, schweben den Partnern Akku-Riegel vor, die sowohl in kleinen wie auch großen Laster passen und gleichzeitig eine flexible Kapazität ermöglichen. Ein weiteres Ziel ist, die Elektrifizierung von Nutzfahrzeugen zu beschleunigen, ohne gleichzeitig die Logistikunternehmen wie das Stromnetz zu überlasten.
Wechsel-Akkus für Nutzfahrzeuge
Anders als bei einem kurzlebigen Versuch von Tesla im Jahr 2013 liegt der Fokus nicht auf Pkws, sondern Nutzfahrzeugen. Dies zeigen schon der Name des Konsortiums CJPT, zu dem Toyota, die Toyota-Marke Daihatsu, der Toyota-Partner Suzuki, der Nutzfahrzeughersteller Isuzu und bis vor einer Woche Toyotas Laster- und Brummi-Hersteller Hino gehören.
Hino wurde zwar gerade wegen Fälschungen bei Verbrauchstests suspendiert. Aber gemeinsam decken die Partner Mini-Autos, Laster bis hin zu großen Sattelschleppern ab und könnten mit ihrer Masse vielleicht erstmals einen Wechsel-Akku-Standard in Japan setzen.
Die Hersteller haben außerdem weitere Hürden identifiziert, die sie mit dem Akkuwechsel überwinden wollen: Eine Herausforderung sind die beschleunigten Lade- gegenüber den Tankzeiten bei Benzin- und Dieselfahrzeugen. In einer Branche, in der Zeit Geld bedeutet, ist dies für sich genommen schon ein Problem.
Es wird aber noch dadurch verstärkt, dass die vielen Fahrzeuge aufgrund der Arbeitszeit ungefähr zu gleichen Zeiten aufgeladen werden müssen. Wenn es viele E-Lkw gibt, könnte dies zu Spitzen im Stromverbrauch führen und damit eine große Belastung für die Stromkonzerne führen.
Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus – und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.
-
Mehr Artikel zu „Post aus Japan“
Vor- und Nachteile der Austausch-Akkus
Austausch-Akkus verheißen nicht nur, die Wartezeiten der Nutzfahrzeuge zu reduzieren. Tatsächlich könnten die Fahrzeuge wahrscheinlich schneller wieder auf der Straße sein als die heutigen Brenner mit großen Tanks. Außerdem lässt sich der Strombedarf ausgleichen, da die Ersatzbatterien gezielt während der Hauptverkehrszeit und der Nacht aufgeladen werden können, in der Strombedarf niedriger ist.
Ein weiterer Vorteil der Idee ist, dass die Akkus langsamer und damit schonender aufgeladen werden können, was ihre Kapazität weniger rasch senkt. Selbst einen Einwand wollen die Partner entschärfen: Kritiker werfen dem Konzept vor, dass letztendlich mehr Akkus und damit Ressourcen verwendet werden & als bei fest installierten Batterien verwendet werden.
Dem hält das Konsortium entgegen, dass durch den schnellen Wechsel Kosten und Ressourcenverbrauch besser kontrolliert werden könnten. Denn durch den Einsatz von modularen Akkus, die seitlich oder von unten in den Unterboden eingeführt werden können, lässt sich die Akku-Größe an die tatsächlich notwendige Reichweite anpassen.
Das Konsortium wirbt sogar mit einem gesellschaftlichen Zusatznutzen, der im Erdbebenreich Japan oft mitgedacht WIRD. So können die Akkuriegel in Katastrophen-Fällen in den betroffenen Gebieten gebracht werden, um die Bewohner mit Strom zu versorgen.
Es bleibt dennoch abzuwarten, ob es diesem Konsortium gelingt, die Idee vom Akkutausch wiederzubeleben.
(jle)
Quelle: www.heise.de